Renitente Küchenhelfer oder warum mein MP3-Player mich zur Weißglut treibt…

Plötzlich spinnt mein MP3-Player und aus ist's mit Andreas Fröhlich und dem Labyrinth der träumenden Bücher. Aber auch meine Haushaltsgeräte sind aufsässig und entwickeln ein Eigenleben. Zufall oder steckt mehr dahinter?

Immer wenn ich ‚auf große Fahrt gehe’, geht auch ein Buch mit auf Reisen. Während der Autofahrt muss es natürlich ein Hörbuch sein, allein schon, weil es sich mit einem Taschenbuch auf dem Lenkrad nicht ganz so gut lenken lässt. Mein Auto ist auch durchaus kooperativ, es hat nämlich extra ein Verbindungskabel in der Armlehne versteckt. Dort stecke ich den MP3 Player ein, drücke am Radio auf Aux und schon liest mir ein begabter Erzähler eine schöne Geschichte vor. In diesem Fall Andreas Fröhlich, der einfach göttlich „Das Labyrinth der träumenden Bücher“ von Walter Moers liest.

 

Ich fahre also los, biege nach einigen Hundert Metern auf den Zubringer zur Autobahn ein und … mitten im Satz Stille. Ich klappe in voller Fahrt die Armlehne weg und fingere den MP3 Player heraus. Drücke mal diese und mal jene Taste - Nichts. Es hat sich aufgehängt, das dumme Ding. Kann ja mal vorkommen, denke ich und drücke brav die Resettaste zehn Sekunden lang, bis es im Lautsprecher knackt. Dann starte ich das Gerät neu. Was ich höre, kommt mir jedoch nicht bekannt vor. Aus irgendeinem Grund hat Andreas Fröhlich ohne mich weiter gelesen. Also bitte Herr Fröhlich, denke ich, das ist aber gar nicht nett. Also spule ich zurück auf der Suche nach einer bekannten Stelle. Immerhin, anscheinend muss Herr Fröhlich schon nach einer Minute bemerkt haben, dass ich nicht mehr zuhöre – sehr weit muss ich also nicht spulen. Ich verstaue das Gerät wieder in der Armlehne und kann mich endlich auf den Verkehr konzentrieren.

 

Inzwischen bin ich längst auf die Autobahn eingebogen. Der Verkehr rollt mit gut 120 km/h. Ich komme gut voran und lausche den Hildegunst von Mythenmetzschen Erlebnissen. So lässt es sich aushalten, denke ich gerade, als sich Herr Fröhlich erneut mitten im Satz verschluckt und fortan nicht mehr mit mir spricht. Same procedure als minutes before. Resettaste, neu starten, suchen und endlich weiter hören. Zwei Minuten später … ihr könnt es euch wohl denken, das gleiche Spiel. Inzwischen stehe ich allerdings im Stau, das macht die Prozedur um ein vielfaches einfacher und vor allen Dingen ungefährlicher. Während der vierzig Minuten, die ich im Stau verbringe, kann ich noch gut 8 – 10 Mal das dämliche Gerät neu starten.

 

Endlich rollt der Verkehr wieder und jetzt begehe ich einen fatalen Fehler. Ich nehme die linke Spur. Die ist ja in einer Baustelle bekanntlich die schmalste aller Spuren. Natürlich versagt der Player gleich nachdem die Baustelle begonnen hat. Diesmal verzichte ich darauf nach dem Gerät zu tasten und konzentriere mich stattdessen auf den Verkehr. Ich nehme an, Andreas Fröhlich wird es mir verzeihen, dass ich meine Gesundheit seiner Stimme vorziehe.

 

Nach diesem Erlebnis frage ich mich nun: Warum zicken Elektrogeräte eigentlich immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann? Ist das eine Art Naturgesetz? Wohnt vielleicht doch der berühmte kleine Mann in ihnen? Und warum ist dieser kleine Mann eigentlich berühmt? Was hat er getan, dass ihn jeder kennt? Ist er auch reich – also reich und berühmt? Es könnte natürlich auch sein, dass die Hersteller witzige, kleine Macken einbauen, damit die, die sonst nichts haben, auch einmal etwas erleben?

 

Ich erinnere mich noch gut an die Mikrowelle, die auch nach dem dritten Mal Einschicken, immer noch bei jedem Einschalten mehrmals die Sicherungen durchschlug, ehe sie zum Arbeiten bereit war. Irgendwann ließ ich Garantie, Garantie sein und gab das Ding in die Obhut eines Albaners, der vor dem Wertstoffhof mit offenem Kofferraum nach kaputten Elektrogeräten fragte. Ob meine Mikrowelle nun auf dem nächsten Flomarkt ein neues Heim gefunden hat oder ob der Albaner sie herzlos von ihren Innereien befreit haben, weiß ich leider nicht.

 

Über den Fön, der mir jedes Mal, wenn ich seinen Stecker aus der Steckdose zog, einen Schlag versetzte, möchte ich gar nicht erst sprechen. Oder das Telefon, dessen Akku grundsätzlich dann leer ist, wenn ich einmal telefonieren muss.

 

Nur bei meinem Wäschetrockner, da bin ich mir inzwischen sicher. Derjenige, der den entwickelt hat, der hat das mit Absicht getan. Er hat irgendwo einen Sensor eingebaut, der erkennt, wann bei uns das Abendessen auf dem Tisch steht. Egal, ob wir früh oder spät zu Abend essen, das Mistding piepst immer gerade dann, wenn ich die erste Gabel zum Mund führe oder gerade vom Butterbrot abgebissen habe. Und ignorieren lässt es sich auch nicht. Noch so eine Eigenart, die ich einem frustrierten Wäschetrocknerentwickler zuschreibe (wahrscheinlich haben die da ein ganz beschissenes Betriebsklima). Mit einer Penetranz, die nur Elektrogeräten zu Eigen ist, piepst der Trockner konsequent alle paar Sekunden seine Tonfolge. Und das in einer Lautstärke und Frequenz, die für menschliche Trommelfelle kaum auszuhalten ist. Sollte ich jemals einen neuen Trockner benötigen, schreibe ich erst mal die Herstellerfirmen an und erkundige mich nach dem Betriebsklima in der Entwicklungsabteilung.

 

Übrigens habe ich über die Jahre noch eine andere Theorie entwickelt. Es ist davon auszugehen, dass die Geräte in meiner Wohnung miteinander sprechen, sobald ich die Tür hinter mir abschließe. Wie sonst wäre folgendes möglich? Eines Tages gab mein Fernseher den Geist auf, ziemlich früh nach nur sechs Jahren. Dabei hatte er es bei mit wirklich gut gehabt. Natürlich war ich alles andere als erfreut. Nur der Albaner am Wertstoffhof grinste fröhlich, als ich ihm wieder einmal einen Besuch abstattete. Nachdem ich nun also das alte Gerät bei ihm abgegeben hatte, kaufte ich gleich ein Neues. Ich war kaum aus dem Elektromarkt zu Hause angekommen und hatte den neuen Mitbewohner ordnungsgemäß installiert, da geschah es. Der Videorekorder starb eines plötzlichen Todes. Und ich schwöre, gerade als sein Lämpchen langsam verlosch, das röchelte er: „Bald bin ich wieder bei dir, mein alter Freund Grundig.“ Seitdem überlege ich, ob ich in meiner Wohnung eine Kamera installieren soll, um zu erfahren, was die treiben, wenn ich nicht da bin. Rivalitäten zwischen dem Laptop und dem Netbook? Die Kaffeemaschine lädt den Toaster und das Waffeleisen zum Kaffeekränzchen ein? Wilde Liebesspiele zwischen meinem e-book-reader und meinem MP3 Player?

 

Da fällt mir ein, vielleicht ist der Player gar nicht kaputt. Vielleicht ist er schwanger?

 

Doch nicht nur bei mir spinnen die Geräte manchmal, lest mehr bei meiner Kollegin Birgit Böckli.

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Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Böckli (Montag, 21 November 2011 12:00)

    Danke für den erfrischenden Beitrag. Ich könnte mich immer noch kugeln. "Mein alter Freund Grundig"...